Brennpunktschulen als Chance: Ein Grazer Startup packt an
- Erkan Ercan

- 24. Okt. 2024
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 7. Nov. 2024

Der Begriff „Brennpunktschule“ ist in der Bildungslandschaft oft mit negativen Vorurteilen und Stereotypen behaftet, die den Blick auf die Potenziale der SchülerInnen und Schüler trüben. In diesen Schulen treffen sich nicht nur Herausforderungen, sondern auch Chancen – für die SchülerInnen, die Lehrkräfte und die gesamte Gesellschaft. Mit unserem Projekt an einer Grazer Mittelschule möchten wir genau diese Chancen nutzen und den Fokus auf positive Veränderungen legen.
Ein mutiger Schritt in die Bildungszukunft
Im September 2024 haben wir mit einem besonderen Projekt an einer Mittelschule in Graz begonnen. In enger Zusammenarbeit mit der Schule unterstützen wir zwölf SchülerInnen der 5. und 6. Schulstufe im Fach Deutsch. Durch die Förderung der Stadt Graz haben unsere motivierten Lehrkräfte die Möglichkeit, direkt vor Ort zu unterrichten – und zwar zwei Tage in der Woche. Dies ist nicht nur eine Unterrichtsmaßnahme, sondern auch ein starkes Zeichen der Solidarität mit den SchülerInnen, die meist einen Migrationshintergrund haben.
Die Inspiration hinter dem Projekt
Die Idee für dieses Projekt wurde geboren, als wir zu Beginn des Jahres 2024 mehrere Schulen in Graz besuchten, um uns vorzustellen und die Schulen kennenzulernen. Wir sind davon überzeugt, dass Nachhilfe am besten in enger Kooperation mit den Schulen funktioniert. Während unserer Erkundungen stellten wir fest, dass einige Schulen einen extrem hohen Migrationsanteil aufweisen, was für die Lehrkräfte kaum bewältigbar ist. Die verfügbaren Mittel sind oft unzureichend, und der Lehrplan ist nicht darauf ausgelegt, dass viele Kinder in der Mittelschule noch nicht ausreichend Deutsch sprechen. Dadurch können diese SchülerInnen dem Unterricht nur schwer folgen, was den klassischen Lehrplan in solchen Fällen unzureichend macht.
Trotz der zahlreichen Herausforderungen erkannten wir das Potenzial dieser Schulen, die besonders im Bereich der Deutschförderung dringend Unterstützung benötigen. Anstatt uns von den negativen Konnotationen abhalten zu lassen, ergriffen wir die Initiative. Nach intensiven Brainstorming-Sitzungen und Gesprächen mit Schulleitungen präsentierten wir im Frühjahr 2024 unseren Vorschlag für ein Unterstützungsprojekt der amtierenden Bürgermeisterin Elke Kahr. Die Rückmeldungen kamen schneller als gedacht: Im Sommer zeigte eine der Schulen großes Interesse an unserem Vorhaben. Die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren, und heute, zwei Monate nach Projektstart, sind wir stolz auf das, was wir gemeinsam erreicht haben.
Erste Erfolge: Motivation und Fortschritte sichtbar
Bereits nach zwei Monaten zeigt sich der erste Erfolg. Die Lehrkräfte sind froh über die Unterstützung, und die Rückmeldungen sind durchweg positiv:
Schon bei der ersten Schularbeit haben sich die Leistungen verbessert. Das Engagement der SchülerInnen ist gestiegen, und auch in puncto Rechtschreibung und Wortschatz konnten sie spürbare Fortschritte erzielen. Es gibt jedoch noch einiges zu tun. In den Bereichen Grammatik und Wortschatz ist das Niveau noch nicht ganz auf dem Stand, den man für SchülerInnen vergleichbarer Schulstufen erwarten würde. Unsere Lehrkräfte sind weiterhin mit vollem Einsatz bemüht, bis zum Ende des Projekts möglichst viel in diesen Bereichen zu fördern.

Es ist vielen nicht bewusst, wie wenig Unterstützung diese Kinder tatsächlich haben. Oft fehlen ihnen angemessene Lernplätze zu Hause, was ihre schulische Entwicklung erheblich einschränkt. Darüber hinaus sind viele Eltern nicht ausreichend über die Möglichkeiten und die Funktionsweise des Bildungssystems aufgeklärt. Sprachliche Barrieren erschweren es, dass Eltern die Informationen, die Lehrer und Schulen bereitstellen, vollständig verstehen. Diese Ungleichheiten führen zu einer erheblichen Benachteiligung der Kinder, die bereits in einem schwierigen Umfeld aufwachsen. Indem wir ihnen gezielte Unterstützung bieten, möchten wir nicht nur ihre schulischen Leistungen verbessern, sondern auch ein Bewusstsein für die Vielfalt ihrer Talente und Perspektiven schaffen.
Als Gründer von Notenstar Nachhilfe und selbst mit einem Migrationshintergrund, verstehe ich die Herausforderungen, mit denen viele dieser Kinder konfrontiert sind. Als Erster in meiner Familie, der in Österreich studieren konnte, ist es mein Ziel, dass diese Kinder von meinen Erfahrungen profitieren, um ihre Chancen auf eine bessere Zukunft zu maximieren.
Unternehmen in der Verantwortung: Bildung fördern, Zukunft sichern
In Zeiten intensiver Diskussionen über Brennpunktschulen möchten wir nicht nur die Herausforderungen, sondern auch die Chancen hervorheben. Mit begrenzten Mitteln setzen wir uns in Graz für mehr Bildungsgerechtigkeit und bessere Chancen für benachteiligte Kinder ein. Diese Bemühungen sind entscheidend – nicht nur für die SchülerInnen, sondern auch für das gesellschaftliche Miteinander und die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Österreich.
Eine Gesellschaft, die allen Kindern, unabhängig von Herkunft und sozialem Hintergrund, die Möglichkeit zur Entfaltung bietet, kommt uns allen zugute. Daher würden wir uns wünschen, dass auch andere Unternehmen in solche Bildungsinitiativen investieren, da wir alle von gut ausgebildeten, integrierten jungen Menschen profitieren – für eine gemeinsame, erfolgreiche Zukunft.
Ausblick: Die Zukunft der Bildung
Die Erfolge, die wir bisher erzielt haben, sind ermutigend. Aber wir wissen, dass es noch viel zu tun gibt. In der Zusammenarbeit mit der Schule erleben wir jeden Tag, wie wichtig es ist, positive Bilder zu vermitteln und Barrieren abzubauen. Wir sind entschlossen, auch in Zukunft aktiv zu bleiben und weitere Projekte ins Leben zu rufen, die Bildung für alle zugänglich machen.
Dieses Projekt wird mit öffentlichen Mitteln der Stadt Graz durchgeführt und ist ein Beispiel dafür, wie gemeinsame Anstrengungen positive Veränderungen bewirken können.

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Über den Autor:

Erkan Ercan wurde 1988 in der Türkei geboren und kam 1989 mit seinen Eltern nach Österreich. Er hat Molekularbiologie und Biochemie studiert und hat eine große Leidenschaft für Naturwissenschaften und Geschichte. Seit 2019 setzt er sich durch Nachhilfe für Bildungsgerechtigkeit ein und ist seit 2023 mit seinem Unternehmen Notenstar Nachhilfe selbständig, um SchülerInnen und Eltern zu unterstützen.

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